Michael Toland hat etwas geschafft, woran etliche andere gescheitert sind: Der begeisterte Radsportler hat in mehrfacher Hinsicht Grenzen verschwinden lassen. Schon die allererste Begegnung mit Michael (ausgesprochen: „Maikel“) verdeutlichte dies auf einprägsame Weise:
Ob er uns Tusporanern nicht bei unserem Vorhaben, mit Geflüchteten Rennrad zu fahren, unterstützen könne, fragte der damals 63-Jährige. „Natürlich, gern. Wir sind für jede Hilfe dankbar – und die Flüchtlinge ebenso“, lautete unsere Antwort. Und so machte sich Michael, völlig selbstlos und voller Hingabe, daran, Sattelhöhen zu überprüfen, Bremsen einzustellen – und vor allem Spaß am Rennradfahren zu vermitteln.
Dies war 2015, zu einem Zeitpunkt also, als bereits etliche Menschen Bedenken, Missgunst und Vorurteile gegenüber Flüchtlingen äußerten. Michael agierte gegensätzlich: Nationalgrenzen interessierten ihn nicht, er kam mit den Geflüchteten ins Gespräch, er unterstützte sie und gab ihnen eine Chance. Grenzen, wo andere welche sahen, gab es für Michael nicht. Was auch daran deutlich wurde, dass er den Tuspo unterstütze – und damit einen Verein, dem er selbst nicht einmal angehörte: Seit mehr als einem Jahrzehnt war Michael schließlich Mitglied bei der RSG Göttingen. Vereinsgrenzen? Firlefanz!
Michael war im Alter von zwölf Jahren mit seinen Eltern aus England nach Deutschland gezogen, lebte später eine Zeitlang auch in Griechenland. Und der gelernte Automechaniker ist dem Radsport seit seiner Erstberührung im Jugendalter stets treu geblieben. Es war dementsprechend überaus erfreulich für ihn, mitansehen zu können, wie die Göttinger Radrennbahn vor sieben Jahren zu neuem Leben erweckt wurde. Immerhin hatte Michael dort in seinen jungen Jahren selbst rasant Radsport betrieben. In Erinnerung geblieben ist ihm aus sportlicher Sicht vor allem ein Rundstreckenrennen im Ammerland, bei dem er sich im Schlussspurt dem holländischen Meister nur ganz knapp geschlagen geben musste. Bei solchen Anekdoten lebte Michael auf. Und immer dann, wenn Radsport das Thema war.
Seit 2016 ging es dem Engländer indes zunehmend schlechter; Michael hatte mit schwerer Krankheit zu kämpfen. Zum Schüler-Bahnrenntag 2017 kam er zum Zuschauen noch einmal ins Stadion, er jubelte und er fühlte sich wohl. Auch wenn ihn körperliche Beschwerden zu diesem Zeitpunkt bereits daran hinderten, das zu tun, was er am liebsten tat: selbst aufs Fahrrad zu steigen. Nur kurze Zeit später musste der am 29. Februar 1952 geborene Rad-Enthusiast von seiner Familie Abschied nehmen – und seine Familie von ihm .
Wir werden Michael Toland zweifelsohne in Erinnerung behalten. Als jemanden mit brennender Leidenschaft für den Radsport. Als jemanden, der statt zu fragen „Was habe ich davon?“ fragte „Was haben andere davon?“. Und als jemanden, der – ganz nebenbei – demonstrierte, wie sich dank Einsatz und Empathie kinderleicht Grenzen überwinden lassen.
Im Namen des Tuspo Weende, Timo